Fiur - Elementa / Refugium

Fiur – Elementa / Refugium

Eigenproduktion (Donnerkeil Collective)
2019

Dem fruchtbaren metallschwarzen Boden entwachsen immer wieder einige verdammt gute, auf langer Flur jedoch einsam stehende und von daher auch nur wenig bis kaum bekannte Bands. Zum einen mag das daran liegen, weil sie noch ganz frisch sind, und zum anderen, weil sie so abseitsstehend von den meisten potentiellen Hörern nur schwerlich wahrgenommen werden können. Zu dieser Band-Gattung kann man sicherlich auch Fiur zählen, eines der vielen musikalischen Kinder des sehr aktiven und recht außergewöhnlichen Berliners Tobias Jäpel. All seine Projekte sind – wie hätte es auch anders sein können – natürlich ebenso außergewöhnlich, und das auf ihre ganz spezielle Art und Weise. Doch Fiur sticht aus diesen ein wenig hervor, vielleicht weil es musikalisch wie auch visuell auf etwas anderen, viel natürlicheren und somit fürs Ohr und Herz viel empfänglicheren Pfaden wandert? Schon das Artwork mit dem vor einem bläulich-violetten Hintergrund stolzierendem Hirsch strotzt nur so vor Naturverbundenheit, und wer fühlt sich nicht irgendwie, sei es wohl bewusst oder auch gänzlich unbewusst, zu Mutter Natur hingezogen? So saugt das Bild die volle Aufmerksamkeit des Betrachters auf, wie anschließend die Musik auch die des Hörers. Und die Musik von Fiur hat wirklich so einiges zu bieten! Dabei ist die kontinuierliche und sehr hohe Qualität der einzelnen Lieder für die Erhabenheit von Fiur bezeichnend, denn der erstplatzierte Titeltrack ist genauso stark wie das Schlusslicht „Refugium“ und alles Dazwischenliegende. Die hier dargebotene Kunst wird durchgehend sehr rhythmisch und äußerst dynamisch vorgebracht und ist immens mit ausgesprochen frischen Melodien behaftet. Ja, wie frisches Quellwasser auf steinigem Fels bahnen sich komplexe, vielerorts die Fließrichtung wechselnde Harmonien ihren Weg in die Gehörgänge, es ist ein Variantenreichtum, den man durchaus mit einem Aquarell vergleichen könnte, denn die wohltönenden Klänge gehen stets so leicht und mühelos wie verwaschene Farben ineinander über, wodurch sich ein durch und durch zufriedenstellendes Hörerlebnis einstellt. Das behände Springen auf der Tonleiter lässt uns hier eindeutig einen recht progressiven Spielstil erkennen, doch trotz aller Progressivität: Der Musik entspringt eine gewisse, mit Naturverehrung einhergehende Romantik, in etwa ähnlich wie bei Empyrium anzutreffen, doch noch viel stärker in eine unruhige Schattenseite verhüllt. Das Schattenhafte, der von einer Gefahr durchflutete Aspekt wird vor allem durch den rauen, schwarzmetallischen, jedoch gut verständlichen Gesang, das Unruhige durch die Härte und Schnelligkeit der quasi wie in einem wilden Tanz spiralförmig ineinander verschlungenen, klar und dunkel angeschlagenen Saiten in die Musik getragen. Dennoch, alle Elemente befinden sich in einem gesunden Gleichgewicht zueinander, wie es in einem natürlich funktionierenden Kosmos sein muss. Und selbst ohne Gesang, wie der sechste Song „Gipfelsturm“ es wundervoll beweist, vermag Tobias immer noch eine enorm hohe Spannungskurve aufrechtzuerhalten, was ganz und gar für die vielfältigen Qualitäten des Saitenhexers spricht. Das ebenfalls rein instrumentale Outro „Zur Nacht“ beendet schließlich mit ruhigen Klängen ein sehr schönes und in sich absolut stimmiges Album.

Tracklist
1. Fiur
2. Strom
3. Orkan
4. Grund
5. Anstieg
6. Gipfelsturm
7. Refugium
8. Zur Nacht

Geschrieben von Adam am 13. Juli 2021