Eigenproduktion
☠ 2021 ☠
Coldun sind seit 2016 eine vollzählige Band und mäandern irgendwo zwischen melancholischem Gothic und Dark Rock, Doom Metal und proggigen Versatzstücken umher. „Grand Sun Ritual“ ist ihr Drittlingswerk und hat den Schreiber dieser Zeilen ehrlich gesagt völlig kalt erwischt – und zwar im positivsten Sinne, wie es nur möglich sein kann. Grund dafür war zunächst das etwas arg zusammengephotoshopte Cover-Artwork. Man sagt ja, man solle ein Buch nie nach seinem Einband beurteilen, und meine Güte, dieser Satz war noch nie so richtig wie hier.
Das Ganze startet mit dem namensgebenden Opener „Grand Sun Ritual“: Zunächst erklingen noch eher verhaltene Ethno-Sounds, die sich langsam aufbauen; dazu gesellen sich die tiefen Lagen der Stimme von Sänger Coldun. Und auf einmal macht alles auf, geht in den Refrain über und Colduns Gesang wechselt eine Lage höher… Dieser atmosphärischen Dichte, dieser melancholischen Schwere wohnt eine Schönheit inne, die man von so einer kleinen Band so gar nicht erwartet. Schwere doomige Gitarren wechseln sich mit sphärischen Orgel-Keyboards und schwelgenden, düster-romantischen Goth-Rock-Arrangements ab. Und über allem thront dieser majestätische, exakt perfekt platzierte Gesang, der es auf irgendeine Weise schafft, alles für sich einzunehmen, ohne dabei aber übermäßig dominant zu wirken. Ein bisschen erinnert er an die Stimmfarbe von David Gold von Woods of Ypres. Freilich ohne diesen zu kopieren.
Laut und leise, ruhig und wuchtig, die Stimmungen wechseln sich unheimlich organisch ab, Instrumentarium (Saxophonsolo!) und musikalisches Vokabular sind vielfältig, auch wenn die angekündigten progressiven Einflüsse doch sehr zahm wirken. Doch eine verkopfte Haltung hätte „Grand Sun Ritual“ auch nicht gutgetan. So schleppen und schwelgen sich Coldun und seine Genossen voller Weltschmerz durch eine fünfzigminütige Reise auf der Suche nach kosmologischer Sinnhaftigkeit. Es ist eine wahre Wonne!
Die musikalische Mischung aus Doom Metal und Goth Rock ist in ähnlicher, teils sehr eingängiger Manier von Bands wie Katatonia und Tiamat reichlich beackert worden. Und auch wenn Coldun in eine vergleichbare Richtung schlagen, wohnt ihnen zu jedem Zeitpunkt eine gewissen Eigenständigkeit und eine Wiedererkennbarkeit inne. Coldun bleiben stets markant, auffällig und lassen ihre Zuhörer/-innen immer wieder mal mit einer unerwarteten musikalischen Pointe aufhorchen. Auffällig sind hier vor allem die regelmäßig auftauchenden Gitarren- und Orgelspielereien, die deutlich Verweise zu Pink Floyd ziehen – sich aber in diesen nicht verlieren und stets entschlossen in die doomigen, schwerfälligen, dunklen Passagen zurückfinden.
„Grand Sun Ritual“ ist eine unheimlich stimmige, dunkelschöne Angelegenheit. Eine Reise in kosmische Weiten, in die intellektuellen Sphären des Geistes: Hitzig, schwerfällig, schwelgend, opulent und irgendwo auch majestätisch. Und dann noch dieser Gesang…
☠ Tracklist ☠
1. Grand Sun Ritual
2. The Forest and the Soul
3. Down Below
4. Salvation Day
5. Stories Untold
6. Hail Out to Thebes
7. I Dreamed That Dream