Only the Sun Knows Records
☠ 2023 ☠
Das 2018er Release „The Breath of a Bird“ des Projekts Herr Lounge Corps & Cadaverous Condition stellt selbst im an Kollaborationen nicht armen Neofolk/Industrial-Genre eine Besonderheit dar. So verbirgt sich hinter dem Herren Lounge Corps kein anderer als Miro Snejdr, der auf dem Klassiker „Peaceful Snow“ von Death in June das Piano spielte. Die Österreicher von Cadaverous Condition hingegen sind als absolutes Unikat der spannenden Symbiose zwischen räudigem Death Metal alter Schule und Neofolk bzw. Apocalyptic Folk verpflichtet. Aus letzterem Genre wird sich hier aber nicht wie so oft nur in puncto Gestus und thematischem Inhalt bedient, es gibt stattdessen auf jedem Album der Grazer immer einige echte Neofolk-Songs – nur halt mit abgrundtiefem Grunzen gepaart. Diese Mischung ist schon ziemlich einzigartig, und auch das vorliegende Album tanzt da nicht aus der Reihe.
So erwartet uns hier eine durchweg spannende, eklektische Mischung aus ebenjenem „Death Folk“ und Versatzstücken aus Neoklassik und Martial Industrial, die dem ganzen teilweise den Charakter eines epischen aber verstörenden Soundtracks verleihen. Der Opener verbreitet durch stampfende, tonnenschwere Noise-Einlagen eine dräuende und alles erdrückende Stimmung; das darauf folgende „In June, as I Killed Time“ – eine Neuauflage des gleichnamigen Tracks vom Album „For Love, I Said“ – behält diese Wucht bei (fügt gar noch doomige, verzerrte Gitarren hinzu), entwickelt sich aber insgesamt eher in eine neoklassische Richtung, was diesem Klassiker ein ganz neues Gesicht gibt. Absolute Höhepunkte sind meines Erachtens das eindringliche „Broken Heart Surgery“, eine tiefschwarze, geisterhafte Seemannsballade (inklusive Akkordeon), die einen apokalyptischen, sich unaufhaltsam nahenden Sturm mit jeder Faser spürbar werden lässt und heftige Gänsehaut erzeugt. Ebenso „The Truth Comes Out“, eine vor Zynismus und Misanthropie sprühende Wildwest-Neofolk-Nummer, bei der man die Whisky-Flasche lieber außer Reichweite stellt, möchte man den Rest des Albums noch bewusst erleben. Was für ein Ohrwurm! Als Bonus-Track erwartet uns noch ein fetziger GosT-Remix von „In June, as I Killed Time“ – meiner Meinung nach etwas unnötig und generisch, im Kontext aber gar nicht so unpassend und vielleicht den ein oder anderen Tanzmuskel stimulierend.
Hat sich diese Kollaboration also gelohnt? Diese Frage kann ich für mich persönlich nur begeistert nickend bejahen. „The Breath of a Bird“ ist eine intensive, berührende, gar aufwühlende musikalische Erfahrung, die jeder Neofolk- und auch Death-Metal-Fan zumindest einmal gemacht haben sollte. Die genannten Tracks haben gar das Zeug zu szeneverbindenden Klassikern. Beide Daumen hoch!
☠ Tracklist ☠
1. Like the Breath of a Bird
2. In June, as I Killed Tim
3. Shimmer
4. The Gardens and Graves
5. Broken Heart Surgery
6. The Truth Comes Out
7. In This Room There Are More People than You Can See
8. The Necro Soul
9. I Am the Knife
10. In June, as I Killed Time (GosT-Remix)