Nàire - The Age of Man

Nàire – The Age of Man

Running Wild Productions
2024

Das noch relativ frische österreichische Bollwerk Nàire prognostiziert der menschlichen Zivilisation eine mehr als düstere Zukunft voraus. Der Opener „Beast“ geht mit der Menschheit auch gleich absolut streng ins Gericht, der bodenständige Bass und die einhergehende, tiefergestimmte Gitarre kündigen ein Erdbeben ungeahnten Ausmaßes an, die dem apokalyptischen Artwork nachempfindend alles in Schutt und Asche legen möchten. Ist das Zeitalter des Menschen nun vorbei? Diese Frage kann man gewiss mit einem klaren Ja beantworten, zumindest wenn es nach dem hier wild wütenden Quintett geht. Denn die Jungs sehen die Sache so: „The beast within us craving for blood, wrenching our guts and searing the innards, this voice within us gnawing on our minds, evil resides among mankind!“ Und dass sie Recht haben, das kann man jeden Tag in den Nachrichten hören und sehen. Anstatt sich auf positive und friedliche Art und Weise weiterzuentwickeln, gehen wir immer wieder mehrere Schritte in unserer Geschichte zurück, lassen neue Kriege entbrennen, die Gewaltspiralen sich immer weiter winden, das Klima und unsere Umwelt, unsere Lebensgrundlage, immer mehr zerstören. Die Krone der Schöpfung trägt definitiv eine Dornenkrone, die uns langsam aber sicher dahinsiechen lässt. Und auch wenn die Zukunft finster ausschaut, in Wirklichkeit kümmert dies nur die allerwenigsten, die dann noch als Spinner diffamiert werden. So muss man sich zurecht fragen, ob die Welt, wie wir sie kennen, überhaupt noch zu retten ist…

Nicht grundlos ist der Stilmix von Nàire ebenso biestig ausgefallen. Mit Anleihen aus Sludge und Crust sowie Death und Black Metal ist dieser alles andere als gewöhnlich. Die Band selbst neigt zu der Bezeichnung Atmospheric Sludge Metal, was den Nagel so ziemlich gut auf den Kopf trifft. Während der Bass, das Schlagzeug sowie der tiefe Röhrengesang den Sludge/Death-Unterbau bilden, sorgen die Gitarren für die atmosphärischen Dauereruptionen innerhalb des Sounds. Dabei gehen diese ziemlich melodisch (und zuweilen auch etwas progressiv) vor, teilweise sogar um einiges melodischer als so manch eine mit dem Begriff „Melodic“ hausierende Metal-Kapelle, was schon was heißen will. Das weiß natürlich auch jederzeit zu gefallen, wobei die häufig vollführten Stil- und Richtungswechsel ebenfalls stets für gut funzende Untergangsstimmung zu sorgen wissen. Dennoch, ein paar noch gewaltigere, etwas stärker bebende Ausbrüche und Peaks in den Songstrukturen hätten der Thematik noch etwas mehr Wucht verleihen können. Aber das ist nur eine klitzekleine Auffälligkeit, die auf weiteren, hoffentlich noch das Licht der Welt erblickenden Werken sicherlich zur vollen Entfaltung heranreifen wird. Auf „The Age of Man“, ihrem ersten Album, dem nur die EP „Epoch“ von 2021 voranging, klingen Nàire aber jetzt schon sehr souverän und professionell. Holt euch also den Silberling oder wahlweise auch das schöne schwarze Vinyl und genießt noch den euch verbliebene Zeit, solange ihr noch könnt. Denn eines ist sicher: Unsere Zeit läuft ab! Das Zeitalter des Menschen könnte schneller als man gucken kann eine staubige Geschichte werden, an die sich niemand mehr erinnern wird, wenn wir uns selbst und unsere Ziele nicht grundlegend ändern.

Tracklist
1. Beast
2. Anthropocene
3. Thirst
4. Forgotten Souls
5. Kings
6. Flesh and Stone
7. Haste

Geschrieben von Adam am 13. Juni 2024