Eigenproduktion
☠ 2020 ☠
Als ich das erste Mal von der Band Old Ruins hörte, war ich ob des Logos und der old-schooligen Attitüde direkt neugierig, in welche Richtung das Ganze musikalisch geht. Da hinter der Band erfahrene und umtriebige Underground-Musiker und (Ex-)Mitglieder der Bands Firestorm, Mortals‘ Path und Smorrah stehen, dürften deren neuste Auswüchse mehr als Hand und Fuß haben.
So richtig angefixt, in die EP mal reinzuhören, wurde ich in einer Phase meiner Musikbegeisterung, in der ich mal wieder so richtig Lust auf etwas neues, brutales und einzigartiges hatte. Und just zufällig wurde der Song „The Desert Sands“ als Preview vorgestellt… Doch neu, brutal und einzigartig sind nicht unbedingt die Begriffe, die einem als erstes in den Sinn kommen, wenn man sich die EP von Old Ruins gibt. Und das ist auch sehr gut so: Nach dem lauschigen Intro „Ruins on Fire“ beginnt der erste Song „Tristram“ sehr old-schoolig. Das Schlagzeug poltert präzise, im Low- bis Mid-Tempo-Bereichen vor sich hin, während thrashige Riffs und ein wunderbar definierter Bass das Tempo gefühlt anpeitschen. Die Vocals sind schön kehlig und kratzig. Musikalisch klingt das, als hätten frühe „Immortal“, „Metallica“ und „Grand Magus“ ein Kind aus einer Dreier-Liaison, wobei keiner weiß, wer der Vater ist. Sehr fett und atmosphärisch!
„The Desert Sands“ hatte mich schon als Preview begeistert und lebt von seiner intensiven, doomigen Atmosphäre und der tollen, urigen und old-schooligen Produktion. Der Song erinnert abermals an „Immortal“ oder frühe „Vintersorg“ und ist so episch, dass man sofort mit der Axt in die Schlacht ziehen möchte. Mit dem simplen und wunderschönen Gitarrensolo für mich das Highlight der Scheibe!
„Risen from the Grave“ zeigt abermals einen harten Doom-Metal-Einschlag und driftet immer wieder in wütende Black-Metal-Gefilde. Wo andere Bands versuchen durch technische Raffinessen und Spielereien oder ausgefallene Genre-Schubladen zu überzeugen, steht bei Old Ruins hörbar gut geschriebene Musik an erster Stelle. Und so ertappt man sich durchweg beim Mitnicken, Headbangen oder der epischen Kriegerpose. Auch die Abwechslung kommt durch Groove-Wechsel und ausgiebigere Instrumentalpassagen nie zu kurz.
„Sescheron‘s Fall“ dreht noch mal an der Epik-Schraube: Die Story, die augenscheinlich an den Computerspielerfolg „Diablo III“ angelehnt ist, entfaltet sich vor dem Hintergrund wunderschöner Gitarrenläufe, welche auch jedem Iron-Maiden-Album gut zu Gesicht stehen würden. Und der Bass knarzt und poltert mit mächtigem Fundament voran.
Als mit „The End of the Line“ schon der letzte Song der EP ansteht, werde ich etwas wehleidig. Ich finde es schade, dass es „nur“ fünf Songs auf der EP gibt. Diese sind aber durchgängig „all killer, no filler“ und bockstark!
An den Instrumenten, dem Mikrofon und Mischpult wurde ebenso alles absolut richtig gemacht. Old Ruins erchufen mit ihrer gleichnamigen EP ein wunderbar schlüssiges und kurzweiliges Gesamtwerk des intensiven Metals, ohne dabei in die Retro-Falle zu tappen. Die Songs sind über jeden Zweifel erhaben, toll arrangiert, ausgezeichnet produziert und auf der EP in einem tollen Spannungsbogen positioniert. Jedem Metalhead, der mit ehrlicher, intensiver Musik im Grenzbereich zwischen Black Metal, Doom und vielleicht auch Death Metal etwas anfangen kann, sollten Old Ruins mehr als ein willkommenes Fressen sein. Dazu gibt es ein wunderschönes Artwork von Timon Kokott im Paket mit den wahrscheinlich fünf besten Songs, die ihr seit langem gehört habt. Jetzt fehlt nur noch eine Vinyl-Version…
☠ Tracklist ☠
1. Ruins on Fire
2. Tristram
3. The Desert Sands
4. Risen from the Grave
5. Sescheron’s Fall
6. The End of the Line