Crawling Chaos
☠ 2022 ☠
Rein anhand des nach moderner Kunst ausschauenden Cover-Artworks – eine offene Tür mit Blick in zwar ein altes, aber sehr aufgeräumtes Zimmer mit verschiedenen Möbeln, Gegenständen und zwei Katzen, die sich erst aus der Ferne betrachtet alle zu einem grinsenden Totenschädel zusammenfügen – hätte ich bei dem Debüt von Seeds of Contemplation niemals das erwartet, was hier auf einen niedergeht: Ein Monstrum von einem Doom-Death-Hybrid mit okkulten Anleihen! Zwar haben es nur vier Tracks – insgesamt auf gerade mal über eine halbstündige Spielzeit kommend – auf diese Scheibe geschafft, aber diese strahlen eine so kompakte dunkle Aura und musikalische Intensität aus, dass man sich hierbei unweigerlich vor den Kopf gestoßen fühlen muss. Das ist aber auch die Intention des hier auftretenden Duos, und es passt wie die Faust aufs Auge zum gewählten, sich mysteriös gebenden Albumtitel. Demnach werden bei Seeds of Contemplation verborgene Bedeutungen betrachtet, und zwar vorwiegend aus religiösen und psychologischen sowie hermetisch-kabbalistischen Schriften, wie es aus dem knappen Promo-Text hervorgeht. Also alles nicht wirklich nachweisbare, zumeist spirituell aufgeladene Sachverhalte, die seit jeher Mehrdeutigkeiten erlauben und oft zu Uneinigkeiten und Zwist führ(t)en. Zugegeben, ein anstrengendes, aber gleichzeitig auch absolut interessantes und anziehendes Themengebiet.
The one who forms the light / Is the one who creates the darkness
The one who makes the peace / Is the one who creates the evil
Ob man mit wahrer Gedankenlosigkeit der Wahrheit an den Pelz rücken kann, gilt es nun zu erforschen. So möchte nicht nur das Artwork, sondern vor allem auch die Musik den Hörer an die Hand nehmen, seine andauernd aufkommenden Gedanken zumindest für einen Moment auslöschen und ihn kurzzeitig der absoluten geistigen Ruhe überlassen, in einen Zustand des Nichts versetzen. Dazu wird die erste musikalische Betrachtung mit schweren Gitarren und kanonisch anmutenden, an Psalmen erinnernden und recht eindringlichen Gesängen eingeleitet, die jedoch nach kurzer Zeit abklingen und allmählich in einen schleichenden Marsch des Dooms überwechseln. Ab hier übernimmt auch der tiefangestimmte Totengesang die Zügel und peitsch den sakralen Leichenzug regelrecht vorwärts. Und dies sei sogleich gesagt: Die musikalische Trägheit wurde nur selten so spannend umgesetzt wie auf diesem Album! Die Gitarren klirren zu jeder Zeit so seelenruhig wie tight und reißen immer wieder ein geniales Picking nach dem anderen vom Stapel, dass man gar nicht so recht weiß, wie man das alles in seinem Gehör verarbeiten soll. Bei diesem Silberling macht man wahrlich die Erfahrung einer seelischen Transparenz, einer, die genau so gewollt ist, und die auch wirklich wie gewollt funktioniert! Man geht aber nicht nur schleppend die Stufen der Himmelsleiter hinauf, auch richtig rhythmisch geht es hier auf die kosmische Achterbahn, was auf „Contemplation II“ besonders gut veranschaulicht wird. Dabei wohnt der Leadgitarre die beschleunigende Energie des Lichts inne, wogegen Bass und Schlagwerk scheinbar alles ausbremsen und dem absoluten Stillstand opfern wollen. Dadurch entwickelt sich eine gewisse Diskrepanz zwischen den einzelnen Instrumenten, es entsteht so etwas wie ein spürbarer Riss in diesem begrenzten, musikalisch wahrnehmbaren Zeit-Raum-Kontinuum, der durch die ab und an dienlich eingesetzten Keys noch um die Extra-Portion Mysticism ergänzt wird. Das alles kann man sich nur schwerlich vorstellen, nicht wahr? Deshalb am besten selbst ausprobieren. Wer schon so okkulte Death-Bands wie z. B. Drowned oder Necros Christos regelmäßig auf seinem Teller liegen hat, der wird mit Seeds of Contemplation ganz bestimmt seine neue Erfüllung finden.
☠ Tracklist ☠
1. Contemplation I
2. Contemplation II
3. Contemplation III
4. Contemplation IV