Anthrazit Records
☠ 2020 ☠
Mittlerweile gibt es sehr, sehr viele Metal-Bands und -Projekte, und mit jedem weiteren Jahr kommen noch viele weitere, nahezu unzählige hinzu. Um in diesem Ozean Land zu gewinnen, reicht es schon längst nicht mehr aus, wirklich gut, kreativ und auch anders als der Standard zu sein. Denn trotz aller Kunstfertigkeit wird man in all dem Lärm gar nicht erst von der Masse wahrgenommen, geschweige denn gehört. Nur die direkte Nachbarschaft nimmt im kleinen Rahmen Notiz von einem. Hinzu kommt, dass die große Masse der Zuhörerschaft immer nur dasselbe hören möchte, wie die sprichwörtlichen Bauern, die nur das essen, was sie kennen, bevorzugt die graue Kartoffelsuppe. Aus Bequemlichkeit folgt man also oftmals der breiten, leicht begehbaren Spur der Masse und sucht nicht auf schmalen, schwergängigen und unwegsamen Pfaden die Klasse. Alles legitim, auch wenn es irgendwo schade ist, dass durch solche Vorgehensweise so manch Künstler kaum Anerkennung für seine spezielle Musik erfährt, obwohl er es wirklich verdient hätte. Zu solch verkannten Projekten gehört meiner Meinung nach auch die englische und sehr interessante One-Man-Show von Ashley Shannon namens Sepulchre by the Sea, die teils einen wirklich melancholischen sowie atmosphärischen und thematisch von Edgar Allan Poes Werken beeinflussten Black Metal interpretiert.
Mit dem zögernden und wehleidigen Anfang setzt „I Loved Alone“ den Kurs sehr geschickt auf gefährlich schwarze, post-metallische Gewässer, die den meisten Liebhabern der grauen Kartoffelmusik sicherlich noch meilenweit unbekannt sein dürften. Doch einmal in den Strudel geraten, wird man von der Musik sehr schnell in ihre aufbrausende und unheimlich dunkle Tiefe gezogen. Beim zweitplatzierten Titeltrack ist dies besonders heftig spürbar, so radikal emotional geht hier Ashley an die Grenzen des schwarzen Metals, was bei zu übermäßigem Konsum gar unkontrolliertes Nasenbluten herbeiführen kann, haha… Die rockigen Gitarren sind derart dynamisch gestylt, sie wühlen sich zielsicher ins Hörzentrum, sie wüten und zocken und werden bei dem ein oder anderen Hörer mit Sicherheit ein wahres, überraschendes Gefühlschaos dort hinterlassen. Doch so hell wie dieser Übersong wird kein weiterer mehr hier entflammt. Den anderen Kompositionen fehlt diese unberechenbare, wilde Besessenheit; vielleicht sind sie ein wenig kopflastiger gestrickt, auf alle Fälle mit nicht wenigen, ruhig auslaufenden Passagen gespickt. Der vierte Song „Slices of Death“ ist sogar gänzlich unmetallisch, er passt aber zu der erzeugten Stimmung einer sich unmerklich, jedoch in grenzenlose Weiten ergießenden Melancholie.
„Conqueror Worm“ ist eine wirklich sehr schöne und solide, fast poetische Scheibe, Sepulchre by the Sea ein höchstinteressantes und gewiss mit goldener Zukunft gesegnetes Projekt. Die sehr spärliche, um nicht zu sagen ärmliche Veröffentlichungsform stellt die einzige kleine Unstimmigkeit dar, welche das musikalische und positiv hervorstechende Gesamtbild etwas trübt. Solche Musik gehört in Vinyl gepresst. Dennoch, Support ist hier mehr als angebracht!
☠ Tracklist ☠
1. I Loved Alone
2. Conqueror Worm
3. And So It Crumbles
4. Slices of Death
5. Behind the Walls
6. Plutonian Shores