Vredensdal - The Tyrant Shade

Vredensdal – The Tyrant Shade

Jems Label
2020

Während sich der wehrte Herr Knochensang in seiner Besprechung für Unholy Black Art of Ritual dem Debütalbum „Fealty of Diabolism“ der inzwischen als Duo agierenden Horde Vredensdal aus dem nördlichen Teil von Wisconsin in USA zuwandte, widme ich mich in diesem zweiten Teil einer Plattform übergreifenden Kombi-Rezension dem aktuellen Auswurf von Mastermind The Goblin Reaper (für sämtliche Saiteninstrumente, Gesänge und Texte verantwortlich) und Lord Mortkin (Schlagwerk). Dieses Stück schwarzer Tonkunst wurde in einem heidnischen Ritual, welches man innerhalb der endlosen Wälder Wisconsins zelebrierte, und mit dem Blut von dem Gehörnten geopferten Christen auf den Namen „The Tyrant Shade“ getauft.

Wie schon das erste Album aus dem letzten Jahr, kommt auch dieser Tonträger als durchaus professionell aufgemachte und bedruckte CD um die Ecke, im Jewelcase und mit doppelseitig bedrucktem Cover-Einleger. Musikalisch hat sich hier nicht allzu viel verändert: Geboten wird immer noch ein sehr eigenwilliger, roher Black Metal, der aber einiges an authentischem Spirit offenbart, den man bei vielen vergleichbaren Horden, oder bei vielen, die ihre Musik wesentlich besser und bombastischer produzieren, vergeblich sucht. Dies machte schon das Vorgängeralbum zu einem wahren Juwel in meinen Augen, einem ungeschliffenen Diamanten und einem Kleinod der New Wave of USBM, die ich persönlich eigentlich schon längst für tot gehalten hätte.

Nun ist „The Tyrant Shade“ aber kein bloßer Abklatsch des Debüts – das Gegenteil ist sogar der Fall – da Vredensdal hier stilistisch auf etwas anderen Pfaden als noch auf ihrem Erstling wandern. Hatte man sich auf „Fealty of Diabolism“ noch deutlich von alten Norwegern inspirieren lassen, sind es bei diesem Album doch eher alte Schweden, die mir hier als Inspirationsquelle einfallen würden. Auch Anleihen aus dem amerikanischen Black Metal um die Jahrtausendwende lassen sich hier ausmachen, und ein wenig alter Sodom- und Kreator-Sound schwingt hier sicherlich auch mit. Über allem schwebt aber natürlich wieder der ureigene, etwas ranzige Stil von Vredensdal, der keine Schönheit und kein Licht zulässt, sondern vielmehr Bilder dunkler, vermoderter Grüfte und Grotten zeichnet. Ergo zeigt man sich hier in Bezug auf die Gitarren passagenweise sogar recht Thrash-lastig, was hier jedoch keinesfalls störend ins Gewicht fällt, sondern sogar recht viel zur Authentizität der durch und durch boshaften Atmosphäre beiträgt. Dazwischen lassen sich aber auch immer wieder stillere Momente ausmachen, die einen surrealen, ja fast schon einen recht meditativen und okkulten Charakter besitzen (wie etwa das Ende von „Gatekeeper: Iconoclasm“ oder das seltsam anmutende Lied „Woeful Malignance“, welches mich – so nebenbei erwähnt – ein wenig an die Atmosphären des großartigen, jedoch hoffnungslos unterbewerteten zweiten Albums „Wandelnd in der Einsamkeit abgrundtiefer Gedanken“ der deutschen Horde Germanen Blut erinnert).

You feel a presence outside of the self
Is it a manifestation of your fears?
In your darkest corner, where Earth‘s secrets dwell
Who will be standing there?

Auch der Gesang zeigt sich enorm facettenreich. Vom Hass erfülltes Gekeife trifft auf vokale Salven fiesesten und ursprünglichsten Black/Thrashs, bietet aber auch beinahe schon als psychedelisch zu bezeichnende Momente. Und auch das Geräusch der springenden bzw. hängenden Platte am Ende des Albums passt sich perfekt der Stimmung von „The Tyrant Shade“ an, und wenn ich so darüber nachdenke, hätte man ein Werk solchen Formats gar nicht stilsicherer enden lassen können… ALL HAIL VREDENSDAL!

PS: Unholy Black Art of Ritual wurde mittlerweile vom Netz genommen, und somit ist die erwähnte Rezension von Knochensang nicht mehr einsehbar.

Tracklist
1. Gatekeeper: Iconoclasm
2. Christ Never Rose
3. Living by Torch
4. The Tormentor
5. Stormskyer av Hevn
6. Aeons Ablaze!
7. Woeful Malignance
8. Echo of Evil
9. The Goblin Reaper

Geschrieben von Kraehenblut am 16. Oktober 2020