Eigenproduktion
☠ 2022 ☠
Was haben wir denn da? Ein neues Black-Metal-Projekt? Wintergrau? Ach, eine neue Kapelle von Astro, dem Musiker hinter Aller Sterne Untergang, was sich direkt an der puritanischen Aufmachung der CD feststellen lässt. Diesmal verlässt er die depressiven Weiten des Universums und schickt sich an, den atmosphärischen Raw Black Metal ausloten zu wollen. Doch leider schafft er es nicht wirklich in die tiefen Abgründe der sehr anspruchsvollen schwarzen Kunst abzutauchen, und bleibt stattdessen nur kratzend an deren eisigen Oberfläche sitzen. Warum? Alles der Reihe nach…
Reisen wir etwas in der Zeit zurück, zum Ende des Jahres 2019. Den ersten beiden Einsendungen von Aller Sterne Untergang – mein Erstkontakt mit dieser Ein-Mann-Band aus Bremen – konnte ich noch viel Positives entnehmen. Doch mit jedem weiteren in den Schacht eingeworfenen, Astros Heimschmiede entsprungenem Album schwand dieses Gefühl nach und nach dahin, etwa wie ein Eisberg in der glühenden Hitze. Und das nicht, weil mich solch musikalisch verschwommene und repetitive Schlichtheit nicht anspricht. Nein, dies ganz gewiss nicht. Das Album „Jammerbugten“ konnte mich mit seiner Andersartigkeit noch durchaus beeindrucken, doch die nachfolgenden mir zu Ohren gekommenen Scheiben unterscheiden sich leider kaum von diesem Werk, und das in fast jeglicher Hinsicht, so dass man sich zu fragen beginnt, ob man hier nicht immer wieder dasselbe untergejubelt bekommt. Ja, bei den Aller-Sterne-Untergang-Alben von Astro ist keine Weiterentwicklung, oder noch nicht Mal der Wunsch, etwas anders machen zu wollen, zu erkennen. Gitarren und Gesang sind gefühlt immer identisch, nur die vielen Samples variieren das dramaturgische Programm… Und hier kommt auch schon Wintergrau ins Spiel. Rein musikalisch betrachtet ist es im Grunde genommen auch nur ein weiteres Aller-Sterne-Untergang-Album, bloß im anderen Gewand und mit veränderter Thematik. Das neue Projekt wirkt also gleich zu Beginn so abgedroschen wie ein ausgetragenes und löchriges Kleidungsstück. Von Atmosphäre, wie man sie sich von einem atmosphärischen Black Metal erhofft, ist nur der Hauch einer Ahnung vorhanden, dafür wird aber der Rawness viel Raum eingeräumt. Doch Rohes kann so schmackhaft wie Sashimi, oder aber so ekelig wie ein fermentierter Gammelhai schmecken. Und Wintergrau ist eher etwas für Leute, die geschmacklich voll mit letzterem auf einer Welle liegen. Auch thematisch geht es hier so ganz und gar nicht nordwärts. Die sich nach wie vor sehr depressiv anhörende Musik wird dem stimmigen, nebelverhangenen Waldbild einfach nicht gerecht, ebenso wenig wie die verwendeten Samples aus der von Motten zerfressenen kirchlichen Klamottenkiste. Und Titel wie „Sturm“, „Kirchenbrand“ oder „Kälte“ sind wohl genauso schnell und oberflächlich gewählt wie das Werk zusammengezimmert. Möchte Astro in Zukunft noch weiterhin wahrgenommen werden, muss sich etwas Grundlegendes bei seiner Vorgehensweise ändern. Ansonsten wird er bald zusammen mit seinen Projekten so ziemlich sicher in der Belanglosigkeit versinken.
☠ Tracklist ☠
1. Einkehr
2. Sturm
3. Kirchenbrand
4. Zwischenfall
5. Walkürenritt
6. Kälte
7. Wintersonnenwende